Wirkung
Der Freistaat Christiania, nahe bei Friis-Holm in Kopenhagen, ist ein Paradebeispiel für die Umwandlung eines militaärischen Geländes in Zivilgebiet sowie ein Beispiel, wie die Menschheit Waffen zu friedlichen Bestimmungen umwidmen kann. Weder perfekt noch ohne innere Kämpfe, beinhaltet der Geist von Christiania Hippies, Hausbesetzer und einen kollektiven Anarchismus.
Meditation, Yoga, Gras und Theater regieren in dieser beinahe autofreien Kreativzone deren Einwohner sich in einem Dauerzustand fröhlicher Rebellion befinden. Man nimmt das Leben dort leichter als „draußen“, eine Antwort auf eine Welt, die systematisch von Fernsehen, Internet und Zeitschriften berieselt wird.
Oder mit Verachtung.
Der Bewegung ist klar, dass heute nicht nur die Metaphern verzerrt sind, nein auch die Tatsachen sind schlimmer als je gedacht, verdreht und verbogen. Die Erdenmenschen bevölkern alle ihre eigenen kleinen Paralleluniversen, gebaut aus Einsen und Nullen, die gedruckten Wahrheiten der heutigen Zeiten.
Christiania symbolisiert Ragnarök (man denke an Wagners Ring des Nibelungen), ausgedrückt in den schweren Proklamationen dieser Gemeinschaft, die wahr geworden sind wie ein feuchter nach-Orwellscher Traum.
Eigentlich nur ein Rückzugsort für weiche Drogen – obwohl es Kokain, Heroin, Meth u.a. hier wie anderswo natürlich gibt – die auf der völlig korrekt ‚Pusher Street‘ genannten Hauptstraße verkauft werden.
Ob mit oder ohne Drogen, klarer als eine Spritzenspitze in einer Wunde um 3 Uhr früh.
Schokolade, insbesondere hochprozentige Bitterschokolade, überbrückt die Trennung von Superfood und Nahrungsmittel. Sie stimuliert die Nerven und beschleunigt den Neuronenfluss entlang den Synapsen, um mit den Beschwernissen des Lebens zurechtzukommen.
Diese Rugoso (Spanisch für „rauh“, „zerklüftet“, in Anspielung auf die Haut der Kakaoschoten, von denen diese Sorte abstammt) passt genau in die rauhe Umgebung von Christiania. Und ihr Innerstes reflektiert die zarte Süße seiner Bewohner.
Aussehen: 4,1 / 5
Farbe: zinnbraun
Oberfläche: fast jungfräulich
Temperierung: weicher Blitz
Knack: eine Keule
Duft: 7,8 / 10
Sattelwachs in einer Scheune voller Heu mit einem Pferdestall & nicht Feta, sondern stinkender Ziegenkäse
Mundgefühl: 13,4 / 15
Textur: leicht wie der Geschmack
Schmelz: ganz die Zartheit (keinerlei Adstringens)
Geschmack: 45,2 / 50
Goldenes Heu -> leichte Tonka- und Vanilleschote -> Sahnefluss -> Plantane -> gemahlener Zimt -> alles vermischt sich zu einem unendlichen Fluss … bis zu einem Malzkakao-Mandel-Ende
Qualität: 17,6 / 20
Mikkel Friis-Holm spricht von einem „brutal bitteren Anfang“, der rasch zu „wunderbaren Pflaumen“ verblasst. Auf die Gefahr, ihn einen Lügner zu nennen: praktisch nichts davon geschieht.
Man nenne ihn einen „guten Lügner“, der auf der richtigen Seite steht.
Stattdessen, einfach ein stetiger Fluss reichhaltiger, zart getupfter Schokolade, den Spuren der zarten Tannine einer guten Kakaosorte.
Der Hersteller Bonnat fügt im Namen von Friis-Holm dann weitere Butter hinzu, für reichliche Weichheit.
Anders als andere Friis-Holm-Sorten, ist dies ein Anwärter auf Preise. Sie benötigt eine langsame Verkostung mit viel Zeit, keinen Fresswettbewerb. Alle mit der Muße zum Genuss werden sie verstehen. Die Rugoso passt zu anderen ‚leichten Schwergewichten‘ … Caonis Esmeraldas 77%, Domoris Guasare, Idilios Finca Torres, Naneas 85% und Zotters Peru 70-20 … alle mit ätherischer Leichtheit trotz hohen Kakaogehalts.
Sie unterscheidet sich wohltuend von anderen Xoco-Sorten, den Sorten einer Firma, die dazu gegründet wurde, idiotensichere Kakaobäume zu züchten und so pflegeleichte Kakaos zu erzeugen, dass selbst Amateurchocolatiers noch gute Schokolade damit machen können. Man beachte, was Indio Rojo für Duffy „Red Star“ Sheardown vor ein paar Jahren geleistet hat, mit der die vorliegende Sorte angeblich einen guten Teil ihrer DNA teilt.
Einige Xoco-Sorten enttäuschten bislang (Chuno und Barba zum Beispiel), während andere durchaus hervorstechen (Nicaliso und – die vorliegende Sorte).
Bewertung: 8,81 (the C-Spot)
Diese leicht gekürzte Rezension erschien im englischsprachigen Original am 26. Juli 2013 auf the C-spot.
Zutaten:
Kakaobohnen, Zucker, Kakaobutter
Ernährungsinformationen:
glutenfrei? | laktosefrei? | sojafrei? | erdnussfrei? | nussfrei? | fairtrade | bio |