Zwischen Hamburger City und Hafen
Es geht in Hamburg noch zentraler, es geht noch maritimer, aber keine Location der Stadt vereint Zentralität und das Erbe des Überseehandels so stilvoll wie das Kontorhausviertel zwischen Hafen und Innenstadt. Im Meßberghof, direkt gegenüber dem berühmten Chilehaus, eröffnete der Bremer Schokoladenhersteller Hachez in Kooperation mit der Edutainment-Agentur Petri & Tiemann Ende 2011 auf 1.200m² Fläche sein „Chocoversum“. Das Chocoversum versteht sich nicht als klassisches Museum, sondern als Ausstellung zum Anfassen und Erleben.
Chocoversum | ||
Anschrift | Meßberg 1 20095 Hamburg Tel. 040 – 4191 230-0 |
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Öffnungszeiten: | Mo-So 10-18h | |
Eintritt: | Erwachsene €14, ermäßigt €12,50. Kinder €10, bis 5 Jahre frei. 2 Erwachsene und 2 Kinder €38. Gruppentarife ab 10 Personen. | |
Website | http://www.chocoversum.de/ |
Die Ausstellung
Kasse, Schließfächer, ein computerüberwachter Einlass. Helles, modernes Ambiente. 1.200m² wirken plötzlich nicht mehr allzu groß. Die Ausstellung erschließt sich über eine der häufigen Führungen gegen den Uhrzeigersinn ab … Kakaofrucht.
1. Baum zu Bohne
Denn wenn das Chocoversum-Team erfolgreich auf dem Großmarkt einkaufen war, darf der Besucher als erstes das Fruchtfleisch (und die rohe Bohne) einer Kakaofrucht probieren. Den Geschmack sollte man sich nicht entgehen lassen, säuerlich-fruchtig, von der Konsistenz her wie Litschi, im Aroma auch Maracuja. Hmm! Leider wird hier manchmal zu knapp rationiert und nicht an alle Besucher ausgegeben, deshalb nicht schüchtern sein und notfalls um ein Stück bitten. Nun folgt eine harmlose Ausstellung zum Thema Kakaoherkunft: man hat sich redlich Mühe gegeben, das Thema interaktiv zu gestalten, aber sich in eine große Halbschale zu setzen und Urwaldgeräusche zu hören hat nicht den beabsichtigten Effekt, dass man sich wie „in einer Kakaoschote“ fühlt.
2. Bohne nach Europa
Durch ein aus einem alten Container gebautes Portal gelangt man zur Abteilung Kakaohandel. Es wird interessanter: Instrumente zur Qualitätsprüfung werden gezeigt, dazu recht detailliert und anschaulich beschrieben, welche Qualitätsmängel für die Weiterverarbeitung des Kakaos noch akzeptabel sind. Ein Special: auf einem Probierpult stehen Schälchen mit Kakaobohnen aus Westafrika, Brasilien (für Hachez‚ Wildkakao-Schokoladen) und Venezuela bereit; ungeröstet und geröstet. Alles kann angefasst, beschnuppert und probiert werden, schön!
3. Schokolade gießen
Nach so viel Wissenschaft kommt nun eine Station, bei der jeder Besucher eine frisch gegossene Milchschokoladentafel nach Laune mit „Zutaten“ – Nüssen, Rosinen, Kakaostückchen usw. – bestreuen darf. Die Tafel gibt es zum Abschluss als kurzlebiges Andenken. Keine schlechte Schokolade, aber das passt nicht in den Fluss der Ausstellung. Und … siehe weiter unten.
4. Die Röstung
An einem kleinen Röstgerät wird das Rösten des Kakaos vorgeführt. Clou: Kakaobohnen mit unterschiedlichen Röstzeiten (11, 12, 13, 14, 15 und 16 Minuten) können probiert und verglichen werden. Das ist Liebe zum Detail und etwas für echte Fans – gerne mehr davon!
5. Mahlen, Mischen, Walzen, Conchieren
Daher kommt der Duft, der das Chocoversum durchweht. Nacheinander werden die unterschiedlichen Geräte und Anlagen, mit denen gebrochene Kakaobohnen zu Schokolade werden, vorgeführt. An jeder Station darf am „lebenden Objekt“ probiert werden, wie sich eine 60%ige Dunkle Schokolade geschmacklich im Lauf der Fertigung verändert. Das ist das Herzstück der Ausstellung, und hier ist auch reichlich für alle zum Probieren da.
6. Verpacken
Am Ende der „Fertigungsstraße“ steht eine kleine, beinahe historische Packmaschine, mit der das Verpacken kleiner (vorgefertigter) Hachez-Täfelchen vorgeführt wird. Endlich fertige Schokolade für alle.
7. Aromen und Inhaltsstoffe
Dramaturgisch geht es nun an das Verkosten der Schokolade. Dazu steht immerhin das gerade verpackte Täfelchen Milchschokolade zur Verfügung, noch schöner wäre natürlich eine richtige (kleine, Hachez-)Schokoladenverkostung gewesen. Der Besucher kann stattdessen seine eigenen Beschreibungsfähigkeiten mit den in einem Computer gespeicherten eines Hachez-Experten vergleichen. Einer Sammlung von Riech- und Tastproben bringt einige in Schokolade auftauchende Aromen näher; das ist vernünftig gemacht und lädt zum Ausprobieren ein. In einem etwas aus dem Ausstellungsfluss gerissenen Raum werden dann noch die kosmetischen Vorzüge von Kakaobutter angepriesen, gefolgt von einem etwas wunderlich raumgreifenden Ensemble, das angebliche wie erwiesene Auswirkungen von Kakao-Inhaltsstoffen aufzeigt: Schokolade ist gesund.
8. Hachez-Selbstdarstellung
Bis hierhin war die Marke Hachez nur ein untergeordneter, natürlich wirkender Teil der Ausstellung – am Ende nimmt sich das Unternehmen den Raum, in einer Videovorführung Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen, eine Sammlung alter Etiketten und Logo zu präsentieren, sowie die Besucher durch eine Art Hamburger Hachez-Flagship-Store zu verabschieden, in dem das komplette aktuelle Hachez-Sortiment angeboten wird. Wild Cocoa de Amazonas 70% ist übrigens die (in nicht repräsentativer Studie erhobene) Lieblings-Hachez des Chocoversum-Personals!
Führung
Seit 2013 ist es nur noch möglich, die Ausstellung geführt zu besuchen. Führungen werden täglich alle 1-2 Stunden angeboten. Bis anderthalb Stunden sollte man für einen Besuch des Chocoversums einplanen, wenn man sich mit allen Exponaten Zeit lassen will.
147% Eintrittspreis
Eröffnete das Chocoversum noch mit einem Eintrittspreis von €9,50 für die reguläre Erwachsenenkarte, liegt diese ein Jahr später bereits bei €14,00 – eine Erhöhung um 47%. Dafür bekommt der Besucher nun die erwähnte selbstbestreuselte Tafel Schokolade als Zugabe, die gibt es erst seit der Preiserhöhung.
Fazit
Eine Ausstellung, die Spaß macht und den Besucher nicht nur (Klapptafel hier, Videoknopf da) zum Schein involviert. Kakao und Schokolade sind Geschmackssache – angemessen, dass man probiert, tastet, riecht. Schwächere Aspekte der Ausstellung, beispielsweise das Schokoladentafel-Bestreuen und die etwas faden letzten Abschnitte, fallen da nicht zu sehr ins Gewicht.
Das Chocoversum war zum alten Preis eine uneingeschränkte Empfehlung, die einen permanenten Platz in Hamburg verdiente. Zum aktuellen Tarif ist ein Besuch im Chocoversum nun aber teurer als beispielsweise der Eintritt zur Hamburger Kunsthalle, in der ein Besucher sicherlich zwei- bis dreimal so viel Zeit verbringt. Immer noch eine Empfehlung, aber hofentlich überdenkt die Chocoversum-Führung die Eintrittspreise.
Noch nicht satt? Wo Sie in Hamburg gut Schokolade kaufen können, haben wir für Sie zusammengefasst.