Schokolade und Wein – eine vorübergehende Zeiterscheinung oder sogar eine Verrücktheit einiger weniger verwöhnter Gourmands, die nach etwas Neuem gieren?
Nein, Schokolade und Wein mögen zwar eine außergewöhnliche Verbindung darstellen, aber sie gehören zusammen, als seien sie füreinander geschaffen worden!
Vorausgesetzt man ist bereit, einen guten Wein und eine gute Schokolade dazu zu verwenden. Discounterartikel bei Schokolade für 0,90€ oder Weine zu Billigstpreisen bleiben meist außen vor. Denn wer eine gute Kombination erleben möchte, benötigt bei beidem eine ordentliche Qualität.
Was verbindet Schokolade und Wein
Wein und Schokoladen haben unendlich viele Gemeinsamkeiten. Angefangen beim Wachstum in einer bestimmten geographischen Lage, Terroir, Sortenvielfalt, Anbaumethodik, Gärung, Verarbeitung, Geruchs- und Geschmacksvielfalt, sowie der Mystik, der Religion und der kulturhistorischen Bedeutung. Kein anderes Lebensmittel, da ja beide ursprünglich sind, hat über Jahrtausende solch einen Kultstatus erreicht.
Götterspeise und Göttergetränk
Wein wie Schokolade haben religiöse und mystische Wurzeln; Wein war das Getränk der Götter schon bei den alten Griechen und wird bei Kulthandlungen in den christlichen Kirchen bis heute verwendet. Schokolade war das göttliche Getränk der Olmeken, Tolteken, Mayas und Azteken.
Wie wertvoll sind Schokolade und Wein?
Schokolade wie Wein wurden über Jahrtausende als Wertgüter bis im monetären Sinne als Geldersatz gehandelt und sind ebenso bis heute wirtschaftlich unersetzbar. Der Samen des Kakaobaumes war ernährungsphysiologisch gesehen eine Powerbohne, er spendete wertvolle Energie durch seinen hohen Fettanteil sowie sämtliche Mineralstoffe und Vitamine. Ebenso bei Wein weiß man wie gesund er bei maßvollem Einsatz ist.
Woher stammen Schokolade und Wein?
Die Wiege der Theobroma Cacao (also Kakaopflanze) vermuten Wissenschaftler in Südamerika, genauer: im oberen Amazonasbecken. Von dort aus verbreitete sie sich in ganz Südamerika und begann ihren Siegeszug in Richtung Mittelamerika. Der Beginn der planmäßigen Kultivierung der Kakaopflanze ist den Mayas um das Jahr 600 auf der Halbinsel Yucatan zu verdanken. Bei der Weinrebe liegen die Wurzeln ihrer Herkunft nicht so klar. Zum einen wird vermutet, dass sie aus Kleinasien stammt und sich über die alten Hochkulturen der Babylonier, Ägypter bis nach Griechenland und den römischen Kulturkreis ausgedehnt hat. Das dürfte aber nur teilweise stimmen. Denn die Urform der wilden Rebe Vitis Sylvestris stammt wahrscheinlich aus dem heutigen Amerika. Bevor sich die Erdteile in ihren heutigen Formen gebildet haben, hat sie sich vermutlich über die langsam entstehenden Kontinente ausgebreitet. Urreben wurden daher auch in der Schweiz, Deutschland, Nordeuropa und Südengland nachgewiesen, diese Samenfunde sind bis zu 60 Millionen Jahre alt. Mit den Römern kam dann der gezielte Weinbau auch in die wärmeren Gefilde des heutigen Deutschland. Im Jahre 100 n.Chr. führte der Historiker und Botanikexperte Plinius bereits über 90 Sorten auf.
Geographische Gemeinsamkeiten
Der Kakaobaum hat eine geographisch genau begrenzte Wachstumszone. Diese liegt 23° südlich und 23° nördlich des Äquators, verteilt auf drei Erdteile: Mittel- und Südamerika mit Mexiko, Santo Domingo, Costa Rica, Panama, Ecuador, Venezuela, Kolumbien, Peru, Bolivien, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Brasilien; den karibischen Inseln Kuba, Jamaika, Haiti, der Dominikanischen Republik, Grenada, Trinidad und Tobago. In Asien sind es hauptsächlich Indonesien, Papua-Neuguinea, Java, Indien, Thailand, Malaysia, Sri Lanka, die Philippinen sowie Inseln in der Südsee wie Vanuatu, Samoa, Fidschi, die Salomon-Inseln und Hawaii. In Afrika gibt es bedeutende Anbaugebiete in Äquatorial-Guinea, der Elfenbeinküste, Ghana, Kamerun, Nigeria, Togo, Guinea, Sierra Leone, Tansania, Liberia, Kongo, Uganda, Gabun, Zaire, Benin sowie auf den Inseln Madagaskar und Sao Tomé.
Beim Wein haben wir ebenfalls ein geographisch begrenztes Gebiet zwischen dem 30. und 50. Breitengrad der nördlichen Hemisphäre und zwischen dem 30. und 40. Grad südlicher Breite. Wein wächst auf allen fünf Kontinenten in diesem Gürtel um den Globus, der die besten klimatischen Bedingungen bietet.
Terroir als wichtiger Qualitätsfaktor
Dem Terroir fällt bei Wein und Schokolade eine ganz wichtige Rolle zu. Schmeckt ein Riesling aus Baden völlig anders als der im Rheingau oder an der Mosel angebaute, dann hat dies mit dem Kleinklima und den Bodenverhältnissen zu tun. Der Boden bringt viele neue Geschmackskomponenten in den Wein ein. Hier ist zum Beispiel die Mineralität ganz wichtig. Ein Riesling, der auf Schiefergestein wächst, hat eine völlig andere Aromennote als ein Riesling auf Muschelkalk oder Löß. Diese Richtung zieht sich durch alle Weinsorten – außer bei den industriellen Designerprodukten, die als geschmacklicher Einheitsbrei gemischt und mit viel Chemie trinkgerecht gemacht werden.
Bei der Schokolade ist es ähnlich. Wenn man die Kakaobohnen von gleichen Sorten aus zehn verschiedenen Ländern nimmt und diese in gleicher Weise zubereitet, hat man zehn unterschiedlich schmeckende Schokoladen. Die Herkunft der Bohnen schmeckt man, und geübte Zungen können die unterschiedlichen geschmacklichen Eigenschaften lokalisieren.
Es ist einmalig, wie die Schokoladen aus den verschiedenen Ländern unterschiedlicher und vielfältiger nicht sein könnten. Eine Lagenschokolade aus Tansania ist kraftvoll, herb, kräftig, sie erinnert an Waldboden und Himbeeren, hat eine kräftige Säure. Eine Lagenschokolade aus Kuba dagegen ist intensiv im Ausdruck, aromareich und lässt sogar feine Tabaknoten erkennen, nicht etwa weil im Land der feinen Zigarren getrocknete Tabakblätter bei der Herstellung der Schokolade verwendet worden wären, sondern weil die Typizität des Bodens voll zum Ausdruck kommt. Für die meisten kakaoerzeugenden Länder gibt es solche geschmacklichen Besonderheiten.
Qualität ist nicht nur ein Wort
Die Qualität der Traube und des Weines wird – anders als beim Kakaobaum – in erster Linie durch die Arbeit im Weinberg bestimmt. Von Klima und Boden natürlich ganz zu schweigen. Nur gesundes Lesegut kann auch gute Weine hervorbringen. Ganz besonders ist auf die Ertragsmenge zu achten. Je mehr Trauben an einem Weinstock reifen, umso schlechter wird die Qualität.
Qualität lässt sich bei der Kakaopflanze nur aus der Sorte ziehen und nicht durch Ausdünnung an der Pflanze. Zwar gibt es auch hier Ernte- und Ertragsunterschiede, meist durch Unwetterschäden, Schädlingsbefall oder Erkrankungen. Das Hauptkriterium für Qualität bei der Kakaopflanze ist die Kakaofamilie: den Massenkonsumkakao Forestero und die drei Edelkakaoarten Trinitario, Arriba und Criollo. Und nur die Edelkakaos garantieren ausgezeichnete Qualität, wobei die Verarbeitung wie bei allem eine wichtige und qualitätstragende Rolle spielt.
Einfach ausgedrückt: man kann nur aus etwas Gutem auch etwas Gutes herstellen.
Interessant dabei ist, dass die Traube wie auch die Kakaobohne weiterhin viele gemeinsame Schritte teilen, so muss Kakao wie auch der Traubensaft gären, um seine Aromen zu entwickeln.
Wenn man Wein chemisch analysiert, kommt man auf rund 950 verschiedene Geschmacks- und Aromastoffe. Bei der Schokolade haben Wissenschaftler rund 700 dieser unterschiedlichen Bestandteile entdeckt, also eine in beiden Fällen unglaubliche Vielfältigkeit.
Lagerung
Wein sollte kühl und feucht zwischen acht und 15° C gelagert werden, wenn möglich nicht bei sehr schwankenden Temperaturen und am besten liegend, damit der Korken nicht austrocknet.
Schokolade sollte man zwischen zwölf und 18° C trocken und geruchsfrei aufbewahren. Sie gehört nicht in den Kühlschrank, weil sie dort oft den Geschmack anderer Lebensmittel wie Wurst oder Käse annimmt, da die Kakaobutter sehr schnell fremde Gerüche annimmt. Außerdem entsteht bei zu kühlen Temperaturen Kondenswasser, das den Zucker aus der Schokolade spült und einen kristallinen Zuckerreif an der Oberfläche hervorruft. Wird die Schokolade zu warm, das passiert spätestens ab 25° C, lösen sich die Kakaofette von der Kakaomasse. Die Kakaobutter setzt sich nach oben ab und die Schokolade bekommt ein graues, schmieriges Aussehen. Die Schokolade ist nicht verdorben und kann verzehrt werden, aber von einem perfekten Genuss kann keine Rede mehr sein. Wenn dies geschieht, können Sie wenigstens beruhigt sein, dass Sie ein sauberes Lebensmittel gekauft haben. Denn wären Fremdfette in der Schokolade, wäre die Form zwar ebenfalls deformiert, aber das Schokoladen-Fett-Gemisch würde „wunderbar“ glänzen. Dieses positive Erscheinungsbild war übrigens auch ein Grund, warum die Europäische Union den Zusatz fremder Fette erlaut hat. Dann doch lieber ab und an graue Schokolade!
Der Genuss – die unendliche Vielfalt an Farbtönen, Geruchs- und Geschmacksaromen von Wein und Schokolade
Wein und Schokolade haben ein gewaltiges Geruchs- und Geschmacksbild. Alle Arten von Aromen aus der Pflanzen- und Früchtewelt finden wir hier, bis hin zu den eher animalischen Komponenten wie Waldboden und sogar Stallduft.
Diese Aromen sensorisch zu beurteilen bedarf es unserer Nase und unseres Geschmacksinns. Jeder von uns kann riechen und schmecken, es liegt an uns, daraus etwas zu machen. Wir haben das Riechen und Schmecken fast verlernt. Aber was die guten Sommeliers können, das können wir uns auch aneignen, wenn wir bewusst riechen und schmecken.
Schokolade und Wein – die Serie mit Eberhard Schell auf Chclt.net:
- Schokolade und Wein
- Wie man Schokolade mit Wein verkostet
- Die Aromen von Wein und Schokolade
- Schokolade und Weißwein
- Schokolade und Dessertwein
- Schokolade und Rotwein