Wein und Schokolade aussuchen
Bevor man mit der Degustation von Schokoladen und Wein beginnt, muss man für sich selbst Vorbereitungen treffen. Dabei ist es gleich, ob man mit Freunden und Bekannten in diese Genusswelt vordringen möchte oder erst einmal für sich ganz alleine; bei einer größeren Runde ist die Entdeckung der Langsamkeit vielleicht nicht so einfach. Auf jeden Fall sollte man sich viel Zeit nehmen und in guter Stimmung sein. Die Atmosphäre sollte dem Anlass entsprechen. Eliminieren Sie am besten alle störenden Faktoren, damit Sie sich voll und ganz auf das Erlebnis konzentrieren können. Man sollte sich nicht übernehmen, denn diese Verkostung ist vielfältiger und anstrengender als herkömmliche Weinproben, und die Sinne werden gefordert!
Die Auswahl der Schokolade wie auch der Weine muss eine Mindestqualität aufweisen. Ware aus dem Discounter, sofern von minderer Güte, sollte tabu sein. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nur hochwertige Produkte überzeugen können. Wer den richtigen Genuss verspüren möchte, benötigt also einen ausgezeichneten Wein und eine erstklassige Schokolade. Man beschafft sich am besten einen kleinen Vorrat von verschiedenen Schokoladen, die man zum Wein probieren möchte. Dabei sollte man zwei bis drei sortenreine Schokoladen, sogenannte Lagen- oder Ursprungsschokoladen, auswählen. Diese Herkunftsschokoladen aus bestimmten Anbauregionen und Ländern sollten einen Kakaogehalt von 65 bis maximal 85 Prozent haben. Ab 85-prozentigem Kakaogehalt gestaltet sich das Zusammenspiel mit dem Wein schwierig. Herbe, Bitternis, Tannine und Säure sind dann zu dominant, weshalb dieses Experiment erst in einem fortgeschritteneren Stadium gewagt werden sollte.
Bei Milchschokoladen sollte der Kakaogehalt nicht unter 32 Prozent liegen, um noch einen starken Eindruck des Kakaos zu erhalten. Insbesondere bei den Schokoladenaromen darf Zucker nicht alles übertünchen.
Auch die Weiße Schokolade sollte nicht zu kurz kommen. Hier sind Schokoladen mit Frucht oder Aromenanteilen oft äußerst interessant im Zusammenspiel mit Wein. Auch Gewürze in Schokoladen entfalten sich mit Wein zu wahren Aromenbomben.
Bei den Weinen sollte man sich ebenfalls eine kleine Palette gönnen. Als Freund des deutschen Weines würde ich mit Riesling, Grauburgunder, einer edelsüßen Sorte im Prädikatsbereich Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese oder Eiswein beginnen. Bei den Rotweinen: feinfruchtig bis kräftig herb.
Wie wir zu unserer Verkostung alle drei Schokoladenarten verwenden dürfen, die weiße Schokolade, die Milchschokolade und die edelherbe oder dunkle Schokolade, sollten wir dies auch mit den drei Weintypen Weißwein, Rosewein und Rotwein tun.
Für das richtige Setting sorgen
Auf einem Tisch sollten ein geeignetes Rotwein- und ein Weißweinglas stehen, ebenso ein Wasserglas und viel Wasser, am besten mit wenig Kohlensäure oder gleich ein stilles Wasser. Nach jedem Schokoladen-Wein-Gang unbedingt mit Wasser neutralisieren. Auch ein neutrales Weißbrot ist für die Geschmackspapillen ein guter Puffer; Schwarz- oder Graubrote eignen sich nicht, sie verfälschen die Genusskombinationen. Dann sollte jeder Proband einen Teller vor sich haben, auf den er oder sie die Rippchen legen kann. Man rechnet pro Probe mit zwei Rippchen, das hört sich nach wenig an, ist aber ausreichend. Eine Serviette zum Händeabwischen ist auch nie verkehrt.
Zuerst riechen wir am Wein. Wir nehmen das Glas und riechen hinein. Dies macht man, um zu probieren, wie intensiv der Wein ohne die Bewegung mit Sauerstoff in der Nase wirkt. Dann schwenken wir das Weinglas mit einer kreisrunden Handbewegung und erzeugen dadurch einen kleinen Wirbelsturm im Glas. Dieses Manöver ist notwendig, damit sich die Aromen im Wein mit dem Sauerstoff verbinden. Halten Sie die Nase direkt „ins Auge des Hurrikans“, atmen Sie die ganze Aromenvielfalt ein. Diese Fülle von Gerüchen ist fast schöner als das Trinken an sich, ganz sicher ist es elementarer Bestandteil des Weingenusses. Der Vergleich mit der Erotik drängt sich auf: Zuerst das Vorspiel, dann kommt der Höhepunkt. Wir riechen von Früchten fast die komplette Fruchtpalette von A wie Ananas bis Z wie Zitrus. Florale und blumige Düfte, vegetative, kräuterige, würzige, bis hin zu animalischen Noten.
Beim Duft von Schokolade machen wir ähnliche Erfahrungen. Alle Varianten, die wir beim Wein entdeckt haben, finden wir auch hier. Der Duft einer guten Schokolade betört die Sinne. Er vermittelt Exotik, Erotik, Sinnlichkeit, Ferne und Abenteuer. Dazu schließt man am besten die Augen und lässt sich von dieser einmalige Geruchswelt entführen. Wir stellen uns Fragen: Riecht man die Kakaonoten sehr stark, intensiv, schwach oder dezent? Denken wir an Milch und Honig, an Gewürze, Kräuter, an Wein, Vanille, an Früchte oder an Karamell und Lakritze, Malz, möglicherweise sogar an Tabak? Übrigens: Schokoladen aus kubanischen Bohnen riechen nicht nur nach Tabak, sie haben auch geschmacklich leichte Tabakaromen.
Der nächste Schritt: Nachdem man am Wein gerochen hat, führt man das Glas zum Mund und schlürft den Wein. Dies darf man getrost tun, nur für Unwissende hört es sich vielleicht unanständig an. Das Schlürfen bewirkt, dass sich der Wein intensiv mit Sauerstoff verbindet und die Geruchsrezeptoren, mit denen wir bis in den Rachenraum hinein ausgerüstet sind, die ganze Aromenvielfalt abbekommen. Außerdem verteilen wir so den Wein im ganzen Mundbereich. Jetzt kommen natürlich die Geschmacksfelder der Zunge ins Spiel, sie melden uns Säure, Süße, Tannine, herbe Eindrücke.
Mit der Schokolade gehen wir ganz ähnlich vor. Zwar wird hier beim Verkosten nicht geschlürft, was ja auch schlecht geht, aber wir nehmen ein kleines Stück Schokolade in den Mund und lassen dieses zergehen. Mit der Zunge kleiden wir den Gaumen aus. Eine gute Qualität muss zart im Mund zergehen, seidig geschmeidig, cremig in ihrer Textur sein sowie langanhaltend im Geschmack. Sie darf sich niemals sandig-rau oder gar krümelig, grob oder talgig und fettig im Mund anfühlen. Viele der Geruchsnoten, die man beim Riechen entdeckt, werden sich nun im Geschmack wiederfinden. Speziell wenn sich auch noch Gewürze oder Fruchtaromen in der Schokolade finden, wird es sehr interessant.
Denn nun kommen wir wirklich zum Höhepunkt der geschmacklichen Vereinigung.
Wein und Schokolade – das Verkosten
Ganz elementar sind die Eindrücke, die mit allen Sinnen erfasst werden sollen. Zuerst beide Produkte für sich alleine in ihrer Geschmacks- und Geruchsvielfalt. Dann beide zusammen im Mund, der zur Genusskathedrale wird, am Schluss nochmals den Wein wie er sich im Abgang zeigt.
Zuerst dominieren die Aromen der Schokolade, dann kommen die des Weines eigenständig hinzu. Augenblicklich begegnen sich beide Geschmackskomponenten und vermischen sich. Es gibt enorm viele Variationen von geschmacklichen Entwicklungen, Steigerungen, Höhenflügen, Loopings, Explosionen.
Allerdings sind auch Abstürze und Langweile nicht ausgeschlossen.
Ich vergleiche diese Degustation gerne mit der Ehe. Es gibt die perfekte Harmonie von Traumpaaren, totale Ergänzung, gegenseitiges Aufbauen, die Partner unterstützen die Stärken des anderen unterstützen, übertünchen Schwächen und Ungereimtheiten. Das Zusammensein beginnt mit dem Flirt, wächst sich zur Liebe aus und erreicht den Höhepunkt . Aber, seien wir ehrlich, auch auf Disharmonie, Dominanz eines der Partner, Reibung, Unverträglichkeit muss man sich einstellen.
Es harmoniert nicht jede Schokolade mit jedem Wein, aber viel mehr, als manche glauben wollen. Die richtige Kombination erzeugt ein wahres Geschmacksfeuerwerk der Sinne im Mund. Viele Aromen und Verbindungen passen perfekt zusammen und ergeben ein Geschmackserlebnis, das man nicht wieder vergisst.
Noch einmal zusammengefasst
- Umfeld vorbereiten, z.B. Beleuchtung, Atmosphäre usw..
- Am besten 3 Gläser pro Person auf den Tisch – 2 Weingläser, 1 Wasserglas.
- Weißbrot und viel Wasser (wenn möglich ohne Kohlensäure) zum Neutralisieren.
- Teller mit den Schokoladen aufstellen.
- Papier und Bleistift, um Erfahrungen eventuell schriftlich festzuhalten.
- Schokolade und Wein sollten die richtige Genusstemperatur aufweisen.
- Zuerst immer den Wein alleine probieren: sehen, riechen, schmecken.
- Nun die Schokolade fühlen, ansehen, riechen, auf das Knackgeräusch achten.
- Jetzt etwas von der Schokolade alleine probieren. Den größeren Rest des Schokoladenstücks in den Mund schieben, schmelzen lassen, nicht schlucken, sondern den Mund ganz damit auskleiden.
- Als nächstes fließt ein Schluck Wein in diese Schokoladenhöhle. Besonders wichtig: Wein und Schokolade müssen sich im Mund vereinigen und bewegt werden. Erst jetzt darf man schlucken und das ganze Richtung Schlund und Speiseröhre bewegen.
- Nach frühestens sechs Sekunden folgt ein weiterer Schluck Wein, um die neue Geschmackserfahrung zu verstärken.
- Lassen Sie es sich gut gehen und reden Sie mit den Partnern über die Genusserfahrung.
Vielleicht mutet diese Prozedur etwas kompliziert an. Aber keine Sorge, es geht ja nicht um ein Schokolade-Wein-Abitur. Nach zwei bis drei Durchgängen klappt alles wie von alleine!
Schokolade und Wein – die Serie mit Eberhard Schell auf Chclt.net:
- Schokolade und Wein
- Wie man Schokolade mit Wein verkostet
- Die Aromen von Wein und Schokolade
- Schokolade und Weißwein
- Schokolade und Dessertwein
- Schokolade und Rotwein