Lindt und die edlen Schokoladen
Lindts 70%ige Schokoladen gelten in Deutschland weithin als Musterbeispiele für „edle Schokoladen“.
Bei Lindts Milchschokoladen – und die blaue „Excellence Extra Cremig“ ist hierbei die meistverbreitete Norm – ist das nicht so einfach. Einerseits ist sie so cremig wie kaum eine andere Schokolade und wird zum doppelten Preis von Ritter, Milka und anderen Markenschokoladen angeboten. Der gute Ruf der Dunklen Lindt-Schokoladengeschwister wiegt ebenso in ihrer Waagschale wie die flächendeckende Verwendung edel anmutender „C“ Wörter wie „Chocolade“, „Cremig“, „Cacao“, „Conchieren“, „Chocolatier“. Andererseits gelten Milchschokoladen vielen nicht als edel, ihr Genuss mehr Laster als Feinschmeckerei. Der Kakaoanteil der Lindt-Milchschokolade ist mit 30% nur gleich hoch wie der von Milka, niedriger als der von Ritter Vollmilch. Und das Internet ist voll von Foren-Diskussionen, welche denn die beste Milchschokolade „der Welt“ sei, Lindt Schokolade oder Milka…
Wir versuchen, etwas Licht in dieser geschmackprägenden Diskussion zu schaffen.
Äußerlich reiht sich die Vollmilch-Lindt in das gewohnte, großflächige Lindt-Format ein. Die großen, flachen Stücke bieten viel Geruchs- und Gaumenkontaktfläche. Die Tafel ist sorgfältig hergestellt – ohne Unregelmäßigkeit, zart im Bruch, mit glatter Kante.
1. Vanille
Das Auffälligste ist sogleich das starke Vanillearoma der Schokolade, das andere Aromen – außer Malz – vollständig überlagert. Egal wie man sie an die Nase hält, Vanille, Vanille – sie riecht beinahe, wie Ferreros Kinder Schokolade schmeckt. Erstes der drei Hauptmerkmale der Schokolade.
2. Säure
Im Mund hat man zunächst das bekannte Vanillearoma als Leitthema, welches dann schnell von der hohen Süße sowie der ähnlich hohen Säure übernommen wird. In der Weinwelt entspräche das wohl einem lieblichen Riesling – die hohe Säure ist typisch für Lindt-Schokoladen und das zweite wesentliche Merkmal der Schokolade. Schokoladenaromen und Malz gesellen sich hinzu, bleiben dabei unspektakulär.
3. Creme
Merkmal Nummer drei ist die Cremigkeit: Milchschokolade in Schweizer Tradition. Die Tafel schmiegt sich schnell in den Mund, füllt – je nach Größe des Stücks – mit ihrer etwas schmierigen Creme die Mundhöhle aus. Das Stück ist dadurch schnell weg, Vanille bleibt im Mund zurück, der sich bereits auf das nächste Stück freut…
Ob die Lindt eine so gute „Schokolade“ ist, gerät fast zur Nebensache: Vanille, balancierte Säure, dicke Cremigkeit – das Bauchgefühl gewinnt, was braucht es mehr?
Fazit:
Lindts Excellence Vollmilch-Schokolade behauptet sich besser als die 70%igen Lindts gegenüber ihrer direkten Konkurrenz: bei 30% Kakaoanteil geht es um Cremigkeit und gefällige Lieblichkeit; tiefe Kakaoaromen – woran sich höherprozentige Tafeln vor allem messen lassen müssen – sind noch nicht so wichtig.
Der Lindt Vollmilch-Geschmack ist jedem Kind ab Verzehr des ersten goldenen Osterhasens ein bekannter sinnlicher Geschmack (wobei Lindt bei Osterhasen, Schokonikoläusen und Konsorten durchweg auf Kunstaromen, nicht die natürliche Vanille zurückgreift). Durch ihre Säure schmeckt die Schokolade nach etwas Besonderem.
Für höchste Weihen reicht es aber nicht. Deutlich besser gefiel uns Lindts 55%ige Milchschokolade mit viel besserer Zutatenliste. Und wer über Lindt Excellence Vollmilch zur Milchschokoladen-Liebhaberei gefunden hat und nun auch etwas richtig Gutes probieren möchte, könnte z.B. Valrhonas „Jivara“ oder – noch höherprozentig – Cluizels „Grand Lait“ oder Pralus‘ „Melissa“ probieren.
Zutaten:
Zucker, Kakaobutter, Vollmilchpulver, Kakaomasse, Butterreinfett, Milchzucker, Magermilchpulver, Gerstenmalzextrakt, Sojalecithin, Aroma
Ernährungsinformationen:
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