Claudio Corallo
Der hagere Italiener Claudio Corallo ist wohl der bekannteste Extremist der Schokoladenwelt: als einer der wenigsten Hersteller produziert er seine Schokolade dort, wo der Kakao hergestellt wird – in seinem Fall auf eigener Plantage in São Tomé und Príncipe vor der westafrikanischen Küste, bis dahin nicht bekannt als Ursprung feiner Schokolade. Aber: „Unsere Schokolade ist die beste der Welt“, heißt es selbstbewusst auf der Firmenwebsite. In jedem Fall ist sie ganz anders als die der Konkurrenz: direkt, aus einer eigentlich gar nicht als edel geltenden Kakaosorte (eine seltene, von Corallo als ursprünglich bezeichnete Forastero-Variante), nicht conchiert(!), keine Vanille, kein Emulgator. Am besten 100% Kakaobohnen. Offensiv und pressewirksam verachtet er die etablierte, edel aufgemachte Konkurrenz aus Frankreich und Italien. Aber seine Schokolade hat es wirklich in sich.
Böte man Corallos Schokolade ohne den Hinweis an, dass es sich dabei um eine Spezialität handelt: man erntete verwunderte Blicke. Aus einem eher an eine Teepackung erinnernden Beutel aus dicker Metallfolie zerrt man drei rohe, ungehobelte, dünne, rotbraune Schokoladeplättchen. Die Kakaosplitter in der Schokolade sind deutlich sichtbar. Man wundert sich fast, dass die Schokolade nicht durch den Transport bereits mehrfach gebrochen ist, so viele Unregelmäßigkeiten hat sie. Alles außer Geschmack, so die gesamtkünstlerische Botschaft, ist nebensächlich.
Bereits vor dem Schmecken eine Aromabombe
Der Duft! Man braucht nicht einmal nahe an Tafel und Verpackung gehen, keine andere Schokolade hat einen so überwältigenden Geruch: Kakao, dunkel, roh, sogar Terpentin liegt im Duft. Betäubend laut und gut, aromaverpackt seit São Tomé – man möchte die Verpackung kaum weglegen.
Im Mund geht die Geschmacksreise ungebremst weiter: dunkel, edel, fast alkoholisch. Schwere tropische Holzaromen. Ausreichend wenig Süße. Eine ganz eigene, dunkle harzige Kakao-Geschmacksnote dominiert das Erlebnis.
Brüchig! Man muss sich zwingen, die Schokolade nicht zu zerbeißen: all die Unregelmäßigkeiten und Stückchen fordern es heraus. Die Corallo braucht zur Aromaentfaltung aber viel Oberfläche – also doch zerbeißen, wenigstens zerdrücken. Ihr geringer Schmelz ist kaum zu ertasten zwischen dem Bruch der Bohnenstückchen.
Schließlich ist auch der abgehackt kurze Nachklang Teil des Programms: Rockkonzert statt Sinfonie. Und zu schnell zu Ende.
It rocks – unbedingt probieren
Corallos Chocolate Soft Com Nibs de Cacao macht einfach Spaß. Jeder, dem ich diese Schokolade zum Probieren gegeben habe, war begeistert: man erahnt plötzlich, was mit Schokolade alles möglich ist. Corallos Kakaosplitter-Schokolade ist nicht verfeinert und glatt, das ist hier einfach nicht Programm: sie spielt in einem eigenen, noch kaum bespielten Genre, ist roh, direkt und sehr sehr gut.
Zutaten:
Kakao, Zucker, Kakaobutter
Ernährungsinformationen:
glutenfrei? | laktosefrei? | sojafrei? | erdnussfrei? | nussfrei? | fairtrade? | bio? |