„Plantagenschokoladen“ falsch: Rausch bestätigt Vorwürfe

Irreführende Etikettierung wirft „Schokoladentester“ Georg Bernardini in seinem neuen Buch der bekannten deutschen Schokoladenmarke Rausch vor. Bei den Rausch-Sorten „Tobago“, „Madanga“ und „El Cuador“ sei für ihn die Herkunft der so genannten „Plantagenschokolade“ nicht nachvollziehbar, bei „Nouméa“ der Plantagenname fragwürdig, so Bernardini. Hintergrund: nur wenige Schokoladenhersteller wagen sich überhaupt an die Herstellung von „Single-Plantation“-Schokoladen, also aus dem Kakao einer einzigen Plantage hergestellter Schokoladen. Auch dann sind diese üblicherweise nur Teil des Sortiments; zu schwierig ist die Sicherstellung einigermaßen gleichbleibend hoher Qualitäten, entsprechend hoch aber auch Anerkennung und erzielbarer Preispunkt bei Schokoladenliebhabern. Rausch wirbt damit, überwiegend genau solche Single-Plantation-Schokoladen herzustellen. Rausch-Geschäftsführer Jürgen Rausch nahm gegenüber Chclt.net Stellung – und kann die Vorwürfe gegen sein Unternehmen nur in einem Fall entkräften.

Jürgen Rausch: falsch

  • Tobago: „In unserer Sorte ‚Tobago‘ steckt zur Zeit 100% Kakao aus Trinidad und Tobago,“ so Rausch. Der Anteil von der auf der Verpackung präziser benannten Insel Tobago selbst allerdings sei seiner Schätzung nach in der Minderheit. Rausch führt zur Begründung das mangelnde Angebot an echtem Tobago-Kakao an und verweist auf die International Cocoa Organization (ICCO), die ebenfalls nicht zwischen Kakao aus Trinidad und solchem aus Tobago unterscheide. (Anmerkung Chclt.net: die ICCO deklariert Kakao von der Insel Tobago korrekt als aus ihrem Mitgliedsstaat „Trinidad und Tobago“ stammend – nicht umgekehrt, wie Rausch, der sogar eine „Tobago auf Tobago“ genannte Plantage als genauen, alleinigen Ursprung nennt.) Gleichzeitig kündigte Rausch an, dass neue Verpackungen die Herkunft des Kakaos präziser darlegen sollen – sowie die Sorte aus dem Programm zu nehmen, falls ab 2013 nicht zu 100% tatsächlich aus Tobago stammender Kakao beschafft werden könne.
  • Madanga: „Madanga ist der Projektname. Hinter ‚Madanga‘ steht eine von der madagassischen Regierung und uns unterstützte Kakaobauern-Kooperative“ sagt Rausch – also keine einzelne Plantage dieses Namens, und selbst dieses Projekt decke Rausch zufolge den Kakaobedarf der Sorte „Madanga“ aktuell nicht zu 100%. Auf der Packung aber steht: „Diese Plantagen-Schokolade wird ausschließlich aus dem Edelkakao der Plantage Madanga zubereitet.“
  • Nouméa: Rausch – „Die Plantage Nouméa gibt es tatsächlich vor Ort auf Papua Neuguinea, sie ist etwa 1.000 Hektar groß.“ Diese decke den Kakaobedarf für die Sorte „Nouméa“ vollständig. Hier gibt es keinen Widerspruch zu Kritiker Bernardini, der anmerkte, dass der geographische Ursprung des Wortes nicht Papua Neuguinea sei.
  • El Cuador: „El Cuador“ sei der Name der „Sammelstelle für umliegende Kleinbauern,“ so Rausch. „Es gibt in Ecuador ca. 100.000 Familien, die Kakao anbauen. Meistens sind die Plantagen nicht größer als 5 Hektar. Wir arbeiten deshalb mit mehreren Kakaobauern, die von uns regelmäßig besucht und unterstützt werden.“
    Das Wort „Plantage“ bedeutet jedoch „Pflanzung“, nicht „Sammlung“, und unterstellt die Kakaoproduktion aus einer einzigen betrieblichen Hand mit unmittelbarer Verantwortung für Landbau und Erzeugung. Auch in Ecuador gibt es also keine einzelne Plantage namens „El Cuador“, von der Rausch seinen Kakao vollständig bezöge und von dessen jährlichem Gelingen Rauschs Single-Plantation-Schokoladenqualität abhinge.

Chclt.net: Packungsangaben falsch

„Ausschließlich aus dem besten Edelkakao der Plantage Madanga“, „… der Plantage El Cuador“, „… der Plantage Tobago auf Tobago“ – die in dieser Weise auf aktuellen Rausch-Schokoladetafeln gemachten Angaben sind den Aussagen von Jürgen Rausch zufolge unwahr. Der weitere Verbleib der Sorte „Tobago“ im Sortiment sowie deren Etikettierung werden nun zumindest überdacht. An den Sorten „Madanga“ und „El Cuador“ aber will Rausch festhalten.

Die aktuelle Etikettierung der Rausch-Schokoladen „Tobago“, „Madanga“ und „El Cuador“ als Single-Plantation-Schokoladen ist Irreführung. Sie täuscht den Verbraucher und ist geeignet, dem guten Ruf des Produkts Single-Plantation-Schokolade Schaden zuzufügen.

Chclt.net auf Twitter für zukünftige Updates zum Thema folgen.

Update 20.12.2012: Rausch ändert Etikettierung des gesamten „Plantagenschokoladen“-Sortiments.

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12 comments on “„Plantagenschokoladen“ falsch: Rausch bestätigt Vorwürfe
  1. K Kat sagt:

    na das erklärt ja mal warum die Rauschschokoladen alle gleich schmecken

  2. Torsten F. sagt:

    Nein? Jede hat eine eigene Charakteristik. Die Bitterschokoladen mehr als die Vollmilcheschokolden.

  3. Peter Berger Peter Berger sagt:

    @ K Kat – wie bei allen Schokoladenherstellern, zieht sich auch bei Rausch eine Familienähnlichkeit durch das Sortiment, und Rausch bietet schon einmal sehr viele Sorten an. Die Ähnlichkeit hat aber nicht notwendig mit der Kakaoherkunft, sondern der Weiterverarbeitung zu tun. Rausch verwendet beispielsweise kein Sojalecithin, was insbesondere bei den Milchschokoladen zu einem etwas „sperrigeren“, aber prinzipiell höherwertigem Schmelz als bei anderen Schokoladen derselben Preisklasse führt.

  4. über die Qualität der Rauschschokoladen braucht man nicht klagen.
    Jedem dem’s schmeckt sei’s gegönnt.
    Generell gilt daß Rausch ein Mittelpreissegment bedient, und von
    Bean to BAr Koryphaen wie Domori meilenweit etnfernt ist, sich aber
    mit der Bezeichnung Plantagenschokolade ein Mäntelchen umhängt,
    das ihm nicht gebührt

  5. Seb Frinken sagt:

    Ich finde für das Geld (1,95€ für 100g) ist die Schokolade von Rausch unschlagbar.

  6. Alexandra Brinken sagt:

    Ein Top Produkt, ich habe mir gestern wieder mal ein paar Tafeln gekauft, die oben angegebene Garantie konnte ich nicht finden? Auf der Website steht das es um den Kakao eines Landes und nicht von einer Plantage geht? Also was soll der wirbel? Diese Schokolade schmeckt ungalublich gut und ist bezahlbar, solch positive Aspekte werden nie genannt. Immer nur NEGATIV Schlagzeilen, das verkauft ja bekanntlich am besten, nicht wahr Herr Berger? Immer diese „Experten“ die noch nie eine Schokoladenfabrik von innen gesehen haben…

    • Peter Berger Peter Berger sagt:

      @ Alexandra Brinken, schön dass es schmeckt. Ihrer Beobachtung kann ich aber nicht folgen: auf der Rausch-Seite der Sorte ‚Madanga‘ steht weiterhin beispielsweise „aus dem besten Edelkakao der Plantage Madanga auf Madagaskar“, vergleichbar für alle weiteren genannten Sorten. Falls da in der Folge unseres Berichts von Rausch etwas klargestellt wurde, wäre mir das neu, würde mich natürlich sehr freuen – könnten Sie Ihre Fundstellen als Kommentar posten, bzw. Fotos der Tafelrückseiten ohne die Garantie-Kennzeichnung emailen ( info [at] chclt.net )? Dann nehme ich das gerne rein, danke!

      • Peter Berger Peter Berger sagt:

        @ Alexandra Brinken – leider ist die an Sie gesandte Email als „unzustellbar“ zurückgekommen. Mailen Sie mir einfach von Ihrer tatsächlichen Mailadresse aus. Besten Gruß –

  7. @ Alexandra Brinken – Sie kennen die Rezension über Rausch in meinem Buch nicht, sonst würden Sie so etwas nicht schreiben. Ich habe Rausch für seine Pionierarbeit und für das Preis/Leistung-Verhältnis explizit gelobt. Dennoch muss heftig kritisiert werden, dass er den Verbraucher bewusst mit falschen Angaben täuscht.

  8. Thomas Pape sagt:

    Die Realität im Kakaoanbau ist nicht ganz so einfach, wie man glauben möchte. Kakao wird in aller Regel in kleinbäuerlichen Strukturen angebaut. Zumeist wächst er nicht in Monokulturen, sondern idealiter biodivers unter Einbeziehung von Schattenbäumen, fruchttragenden Bodendeckern und anderen Baumfrüchten (hier betone ich: das ist der Idealzustand, aber Schattenbäume finden sich fast überall). Ein Bauer bearbeitet mit seiner Familie etwa ein bis drei Hektar, deren Ernte-Ertrag bei etwa 800 kg Kakaobohnen liegen dürfte. Sinnvollerweise schließen oftmals mehrere sich mehrere Farmer zu einer Kooperative zusammen, allein schon um die Logistik zu erleichtern. Das gilt nicht zuletzt auch für den Sammelplatz, wo die Farmer ihre fermentierten Kakaobohnen zum Trocknen und Einsacken bringen. Insofern ist die von Rausch verwendete Bezeichnung „Plantage“ durchaus nicht zu beanstanden. Eine Täuschung, wie das Herr Bernardini gerade schreibt, ist für mich nicht erkennbar. Aber vielleicht sollten wir hier die Begriffe „Single Origin“ oder „Plantage“ mal diskutuieren.

  9. Original von der Rausch-Internetseite:
    „MADANGA 39 % ist unsere Edel-Vollmilch-Rezeptur aus dem besten Edelkakao der Plantage Madanga auf Madagaskar.“
    „EL CUADOR 70 % ist unsere Edel-Bitter-Rezeptur aus dem besten Edelkakao der Plantage El Cuador in Ecuador.“
    TOBAGO 75% wurde wie folgt beworben: Edel-Bitter-Rezeptur aus Edel-Kakao der Plantage Tobago. Dieser Fall ist besonders dreist, da der verwendete Kakao noch nicht einmal von der Insel Tobago kam.

    Es gibt keine dieser drei Plantagen und demnach ist es Täuschung. Rausch bewirbt „Plantagen“, die gar nicht existieren.

    Im Übrigen findet man die TOBAGO 75% nicht mehr im Angebot von Rausch…

    Warum kann sich Rausch nicht damit begnügen, das HERKUNFTSLAND als Werbebotschaft zu nutzen, so wie er es früher gemacht hat? Ich bin mir sicher, dass nicht ein einziger Kunde weniger kaufen würde.
    Gerne können wir über die Begriffe „Single Origin (Herkunftsschokolade)“ und „Plantage (Single Plantation)“ diskutieren.

    Hier meine Meinung zu diesen Begriffen:
    Single Origin: Der verwendete Kakao stammt aus einem einzigen Kakaoland. Verwende ich zu 100% Kakao aus Madagaskar, kann ich meine Schokolade „Madagaskar“ nennen.
    Single Plantation: Der verwendete Kakao stammt von einer einzigen Plantage. Verwende ich zu 100% Kakao von der Plantage Los Ancones, kann ich die Schokolade „Los Ancones“ nennen.
    Das ist eine einfache und für alle nachvollziehbare Klarheit.