Wie man Kakao röstet

Röster

Röster

Um es vorwegzuschicken: das Wichtigste bei Schokolade sind die guten Zutaten. Das ist bei jedem Lebensmittel gleich; das fertige Produkt kann nicht besser werden als was man hineingesteckt hat. Bei Schokolade bestimmt vor allem der Kakao das Aroma, und Anbau, Kakaoernte, das Fermentieren sind heikle, komplexe Arbeiten, denen eigentlich die Ehre gebührt. Aber auch danach kann man viel verkehrt machen, oder eben richtig. Hier wollen wir erklären, wie Kakao geröstet wird, das ist typischerweise der erste Arbeitsschritt beim Chocolatier nach Anlieferung der Kakaosäcke und erster Reinigung.

Warum röstet man Kakao überhaupt?

Durch das Rösten wird in den Kakaobohnen die sogenannte Maillard-Reaktion ausgelöst, die durch Hitzeeinwirkung neue Aromaverbindungen schafft und entscheidend dafür ist, dass es diesen genialen Geschmack gibt. Man kennt das auch von Brotkruste oder Kaffee – das wäre ohne Röstung langweilig.

Wie man röstet, hat dabei viel Einfluss auf das Ergebnis, der typische, also mal blumige, mal leicht scharfe, und so weiter Geschmack wird durch die Temperaturführung beeinflusst. Zu lang oder scharf geröstet, und der Kakao schmeckt angebrannt, oder gleich verbrannt nach Kohle.

Den endgültigen Geschmack kann man übrigens noch nicht gleich nach dem Rösten beurteilen. Kakaomasse an sich, auch geröstet, ist noch nicht das tolle geschmackliche Erlebnis, das ist eigentlich immer sauer-adstringierend. Erst nach Walzen, Conchieren und so weiter bildet sich der eigentliche Geschmack. Aber man schmeckt schon einmal weniger oder mehr von den unangenehmen Komponenten … einfach ausgedrückt, etwas milder oder halt heftiger.

Industrie vs. Handwerk

Industrielle Verfahren haben meistens das Ziel, schnell und rasant zu rösten. Da scheint es sehr oft nicht einmal um Geschmack, sondern eher um die dunkle Farbe zu gehen … gut, das ist vielleicht übertrieben, aber da werden große Chargen unterschiedlicher Kakaos gemischt, damit das ganze Jahr über bei das halbwegs gleiche Ergebnis herauskommt. Und bei niederprozentiger Milchschokolade ist der Röstvorgang auch nicht wirklich von großer Bedeutung.

Handwerkliche Röstung bedeutet dagegen halt auch mit Zeit sortenrein oder plantagenrein in kleinen Chargen zu rösten … da gibt es andauernd größere Schwankungen, gar nicht anders als bei bei gutem Wein. Kleinchargen verlangen mehr Aufmerksamkeit und Behutsamkeit, und das Ergebnis schmeckt nicht immer gleich.

Wie röstet der Chocolatier Zotter?

Das Rösten an sich ist gar keine so hohe Kunst; Kakaoernten, das Fermentieren, das ist da schon viel komplexer und legt den Geschmack stark fest.

Ich sollte dazu erwähnen, dass ich kein Lebensmitteltechnologe bin, sondern sehr intuitiv arbeite, ohne Fangnetze, manchmal gelingt uns zufällig etwas ganz Geniales, manchmal gar nicht, das ist zumindest bei Zotter so. Ich mache auch keine Verkostungspanels, ich mag das nicht, alles immer einsperren und festmachen zu wollen … das bringt mehr beim Mischen verschiedener Kakaos, das sollen die Großen wie Callebaut usw. machen, ich setze meine Kreativität und Intuition ein, und das ist dann keine große Zauberei … oder eben doch?

Eine Lieblings“methode“ von mir ist, den Menschenschlag einer jeweiligen Anbauregion zu verstehen und diesen Charakter eben zur Rösttemperatur und Röstgeschwindigkeit in Bezug zu setzen … das ist für mich sehr interessant … dadurch entstehen unterschiedliche Geschmacksprofile, mal rassig und unbändig, mal dicht und voll, die ich auch nicht weiter beschreiben möchte … das machen andere, wie Chclt.net, oder unsere Kunden.

Beispiele? In Ecuador sind die Menschen oft lustig, gut drauf, vielleicht manchmal auch ein wenig oberflächlich? Dem ecuadorianischen Kakao heizen wir entsprechend ordentlich ein und beenden die Röstung früher. Peru ist fast genau umgekehrt, die Menschen zurückhaltender, meditativer, vorsichtiger, man kommt nicht so schnell ins Gespräch … peruanischen Kakao rösten wir entsprechend vorsichtiger: langsamer, länger. Der Kakao aus der Massen-Urlaubsdestination Dominikanische Republik wiederum ist zwar Bio-Kakao, aber eher ein Nebenprodukt, das auch nicht ganz so besonders schmeckt – wir rösten bei mittlerer Hitze, mittellang, und verwenden ihn für Milchschokolade.

Drei Minuten nachdenken … das ist keine Hexerei … wie immer im Leben. Ein bisschen Talent braucht man wahrscheinlich schon. So zu arbeiten, ist für die meisten wahrscheinlich völlig unverständlich, aber es entsteht ein unterscheidbarer Geschmack, der natürlich nicht für andere „richtig“ sein muss. Das macht wahrscheinlich gerade den Unterschied zur Massenware aus.

Verfahren

Grundsätzlich gibt es zwei Röstverfahren, die geschüttelte, Trommelröstung und die ruhende, Schachtröstung. Für die Trommelröstung spricht vor allem, dass sie wesentlich billiger ist … wir haben bei uns im Werk auch so einen Röster, aber verwenden ihn nur fürs Kaffeerösten. Aber auch einige hochqualitative Hersteller wie Coppeneur, Pralus oder Bonnat bekommen die Röstung in der Trommel hin.

Geröstet

Geröstet

Bei der ruhenden Röstung, die auch Zotter anwendet, und die leichter zu bändigen ist, kommt der Kakao in einen Röstschacht, und der Kakao nähert sich bewegungslos allmählich seiner Idealtemperatur. Ich bilde mir ein, dass durch die ruhende Röstung der Kakao gleichmäßiger röstet. Die Kakaoschalen brechen kaum, wodurch wiederum keine Feinpartikel entstehen, die schnell verbrennen und unnötige Bitterstoffe oder leichten Brandgeruch erzeugen … andererseits, wer weiß, vielleicht ist das bei manchem Chocolatier der erwünschte Effekt?

Die Temperaturen schwanken zwischen 140 und 165°C bei Röstzeiten zwischen 20 und 50 Minuten. Die Energie wird dabei über Dampf, Gas oder elektrisch zugeführt. Wir bei Zotter rösten zwischen 300 und 500 kg auf einmal, kommen an manchen Tagen bis auf etwa 2000 kg.

Fazit

Die Abwechslung hält es spannend – selbst der beste Champagner würde, jeden Tag getrunken, irgendwann langweilig. Kurze und schnelle Röstung ergibt mehr oberflächliche, vordergründige Aromen. Langsame Röstung bei niedriger Temperatur bringt mehr volle, dichtere Aromen hervor, für mich allein gesprochen die besseren Aromen. Und bei verbranntem Kakao leide ich mit, das ist bitter und grauslich.

Unser Zugang zur Röstung ist sicher sehr intuitiv, aber generell sind die kleinen handwerklichen Hersteller besser als die Großen darin, geschmackliche Schwankungen zugunsten besserer Qualität zu akzeptieren. Lieber unterschiedlich und oft richtig gut, als mittelgut, aber dafür immer gleich!


Josef Zotter

Josef Zotter ist Chocolatier und Geschäftsführer der Zotter Schokoladen Manufaktur aus dem österreichischen Riegersburg nahe Graz.

Die Zottersche Erfolgsgeschichte begann mit der Eröffnung der ersten eigenen Konditorei im Jahre 1987. Der junge Konditor erwarb sich schnell einen Ruf für seine Produktinnovationen und erfand früh...
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