Auch beim Genuss von Kakao und kakaohaltigen Produkten spielen gesundheitliche Aspekte in unserer Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle. Ich persönlich halte es für wichtig, bei der Ernährung auf mögliche Risiken und Vorteile zu achten. Andererseits handelt es sich bei Schokolade, Konfekt und Nougat um Genussmittel und oftmals sogar um Luxusartikel, bei denen der gesundheitliche Aspekt für mich persönlich eine untergeordnete Position einnimmt. Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich muss ein Kakaoprodukt frei von Schadstoffen sein und darf keinerlei Zusätze enthalten, die sich unter Umständen schädlich auf die Gesundheit auswirken könnten. Auch der Gehalt an Zucker und Fett sollte sich in vernünftigen Grenzen halten.
Schokolade aber als „Gesundheitsmittel“ zu betrachten oder ein köstliches Kakaoprodukt zu verachten, weil darin unter Umständen viel Zucker und/oder Fett enthalten ist, geht mir dann doch zu weit. Ein Karamellkonfekt oder ein gutes Konfekt mit Alkohol und feiner Zuckerkruste genieße ich daher, auch wenn ich weiß, dass es für meine Gesundheit nicht förderlich sein mag.
Anderseits glaube ich auch nicht, dass der maßvolle Genuss solcher Produkte schädlich ist. Die Franzosen haben im Zusammenhang mit dem Genuss von Alkohol schon vor langer Zeit den Slogan „À consommer avec modération“ populär gemacht, dasselbe gilt für mich auch für Süßwaren: „In Maßen zu genießen“.
Der derzeitige Trend zur Raw-Chocolate erscheint oft unverständlich. Die meisten Raw-Produkte sind kein großer Genuss und nur ganz wenige können mich zum Kaufen animieren. Zudem erscheinen nicht viele der mittlerweile in diesem Segment tätigen Unternehmen glaubwürdig. Schon die teilweise sehr zurückhaltende Informationspolitik der von mir kontaktierten Firmen weckt in mir Zweifel. Gerade hinter der Bewerbung der Produkte unter gesundheitlichen Aspekten – oder der Suggestion einer solchen – sollte Offenheit und Transparenz stehen. Herkunft und Verarbeitung des Kakaos darf hier kein Geheimnis sein, als Verbraucher möchte man die Zusammensetzung dieser Produkte nachvollziehen können – leider ist dies aber bei Fair-Trade-, Bio- und Raw-Produkten nicht immer der Fall.
Gesundheitsrelevante Inhaltsstoffe von Schokolade und einige ihrer Auswirkungen
Polyphenole
Polyphenole sind Farb- und Geschmacksstoffe sowie Gerbsäuren und dienen vielen Pflanzen zur Abwehr von Feinden oder als Lockstoff für bestäubende Insekten.
Polyphenole aus Kakao sind begehrt, da ihnen entzündungshemmende und krebsvorbeugende Wirkungen zugesprochen werden. Darüber hinaus können Polyphenole auch Körperzellen vor freien Radikalen schützen, die Fettablagerung in den Blutgefäßen vermindern und die Zelloxidation verlangsamen, wodurch Arterienverkalkungen und Herzinfarkten vorgebeugt werden kann.
Mittlerweile gibt es einige Schokoladen, die gezielt einen besonders hohen Anteil Polyphenole enthalten.
Theobromin
Die Wirkung des Theobromins ähnelt der des Koffeins: gefäßerweiternd, harntreibend und herzstimulierend. Es regt mild und dauerhaft an und wirkt stimmungsaufhellend.
Koffein
Der Anteil an Koffein im Kakao ist sehr niedrig. Koffein stimuliert das zentrale Nervensystem und das Blutgefäßsystem. Einige negative Wirkungen können Nervosität, Schlaflosigkeit oder Angstzustände sein. Bei den geringen Mengen, die im Kakao enthalten sind, kann eine solche Wirkung aber nahezu gänzlich ausgeschlossen werden. Aber auch die positiven Wirkungen wie Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit, Anregung der Produktion der Magensäfte oder Verringerung der Müdigkeit dürften beim Genuss von Kakao relativ gering sein.
Anadamid und Phenylethylamin
Diese beiden Inhaltsstoffe findet man auch in Rauschmitteln. Sie beeinflussen die Regionen des Gehirns, die das Glücks- und Lustempfinden steuern. Aufgrund der gering enthaltenen Menge besteht jedoch keine Suchtgefahr.
Endorphine und Serotonin
„Schokolade macht glücklich“ ist nicht nur ein Marketingspruch, sondern aufgrund der im Kakao enthaltenen Endorphine, den körpereigenen Opiaten, und des Botenstoffes Serotonin, durchaus wissenschaftlich belegbar.
Fett und Zucker
Die Kakaobohne enthält von Natur aus zwischen 45 und 60 % Fett, genauer genommen Kakaobutter. Sie ist seit langem auch in der Kosmetikindustrie sehr beliebt und aufgrund ihrer pflegenden Eigenschaften geschätzt. Entgegen der allgemeinen Überzeugung enthält Kakao auch einen geringen Anteil an Zucker, der aber geschmacklich nahezu keine Rolle spielt.
Cholesterin
Der Kakaobutter wird in Bezug auf Cholesterin ausschließlich Gutes nachgesagt: Senkung des Cholesterinspiegels, aber besonders des sogenannten „schlechten“ Cholesterins (LDL), Verringerung des Thromboserisikos sowie Erhöhung des „guten“ Cholesterins (HDL). Der positive Einfluss wächst mit steigendem Anteil an Kakaobutter in einer Schokolade. Demnach sollte man dunkle Schokolade mit hohem Kakaoanteil bevorzugen.
N-Phenylpropenoyl-L-aminosäureamide
Wurde erst im Jahre 2005 von Wissenschaftlern der Universität Münster aus Kakao isoliert und charakterisiert und soll wachstumsfördernd auf Hautzellen wirken. Der Wirkstoff soll außerdem die Adhäsion von Heliobacter pylori an menschlichen Magenschleimhautzellen vermindern und somit Magengeschwüren vorbeugen.
Schwermetalle und Toluol
Der Gehalt von Blei, Kupfer, Zink und Toluol im Kakao ist so gering, dass dieser Wert vernachlässigt werden kann.
Ein Problem kann jedoch ein erhöhter Cadmiumgehalt darstellen, da er sich bei regelmäßigem oder übermäßigem Konsum krebserregend auswirken oder die Nieren und die Leber schädigen kann. Cadmium wird durch die Wurzeln des Kakaobaumes aufgenommen, wobei der Boden – auch seine Beschaffenheit bei der Ernte der Früchte – eine bedeutende Rolle spielt. So hält sich beispielsweise die Ansicht, dass Früchte, die nach starkem Regen geerntet wurden, einen höheren Cadmiumwert aufweisen. Es wäre interessant zu sehen, ob sich dies wissenschaftlich belegen lässt.
Bei uns in Europa ist der Cadmiumgehalt von Schokolade seit einigen Jahren ein vor allem bei diversen Testmagazinen beliebtes Thema. Es gibt keinen gesetzlichen Höchstwert, jedoch beläuft sich die Empfehlung des ehemaligen Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) seit 1997 auf ein Maximum von 0,1 mg Cd/kg für Milchschokolade und 0,3 mg Cd/kg für dunkle Schokolade. Sein Wert ist abhängig von der Menge an Kakaomasse in der Schokolade.
Afrika, Asien und Ozeanien sowie weite Teile der Karibik haben in der Regel keine Probleme mit einem erhöhten Cadmiumgehalt. Die Werte liegen weit unter der Empfehlung des BgVV. Schwierigkeiten treten überwiegend in Südamerika auf, besonders in Ecuador, Kolumbien und Venezuela. Die ICCO gibt für Kakaobohnen aus Ecuador und Venezuela einen Durchschnittswert von 0,18 bis 1,5 mg/kg an. Ich selbst habe auch schon weitaus höhere Werte gesehen. Der höchste je gemessene Wert, der mir persönlich bekannt ist, war der von Kakaobohnen aus Kolumbien mit unglaublichen 3,63 mg/kg.
Viele Politiker fordern ein gesetzliches Maximum unterhalb der bisherigen Erfahrungswerte. Alternativ wäre denkbar, den Cadmiumgehalt auf jeder Schokolade auszuweisen und den Verbraucher selbst entscheiden zu lassen.
Oft gestellte Fragen zu Gesundheit und Schokolade
Verursacht Schokolade Karies?
Wissenschaftler des Technischen Instituts Massachusetts haben herausgefunden, dass die in Schokolade befindlichen Substanzen Tannin, Fluor und Phosphat Karies entgegenwirken. In Milchschokolade befinden sich mit Kalzium und Phosphaten ebenso Karies hemmende Substanzen. Die Mengen sind jedoch zu gering, um dem Angriff des in der Schokolade ebenfalls enthaltenen Zuckers entgegenwirken zu können.
Lässt Schokolade Pickel sprießen?
Sehr häufig wird, meist von Frauen, davon berichtet, dass sich nach dem Konsum von Schokolade Pickel vermehren. Zwischen dem Konsum von Schokolade und den Pusteln im Gesicht existiert allerdings kein wissenschaftlich belegter Zusammenhang. Im Allgemeinen kann sich eine ungesunde Ernährung negativ auf die Haut auswirken: Zu viel Fett, Zucker, Alkohol und zu wenig Vitamine und Mineralstoffe sind denkbar ungünstige Ernährungsgewohnheiten. Natürlich gehört hierzu auch ein übermäßiger Verzehr von Schokoladenprodukten. Aber der Übeltäter ist nicht der Kakao, sondern das enthaltene Fett und der Zucker.
Löst Schokolade Migräne aus?
Auch diese Theorie ist umstritten. Migräneanfälle können zwar nach „Schokoladenorgien“ auftreten, und mit der Schokolade ist dann auch ein idealer Sündenbock gefunden, in den meisten Fällen gehen den Kopfschmerzattacken jedoch hormonbedingte Fressanfälle voraus, die dann eher zufällig mit Schokolade befriedigt werden.
Kann Schokolade Verstopfungen verursachen?
Auch wenn das im Kakao enthaltene Tannin die Darmaktivität im Allgemeinen fördert, ist von einem übermäßigen Schokoladenkonsum abzuraten. Es mag wissenschaftlich (noch) nicht belegt sein, aber der Selbstversuch hat gezeigt, dass zu viel Schokolade den Stuhlgang negativ beeinflusst.
Macht Schokolade dick?
Wie bei vielen Nahrungsmitteln kommt es auf die verzehrte Menge, die allgemeine körperliche Aktivität, die Ernährungsgewohnheiten und auch auf die genetische Veranlagung an.
Schokoladenprodukte enthalten sehr unterschiedliche Mengen an Kalorien. Das Spektrum reicht von 400 bis 650 oder 700 Kalorien pro 100 g. Das entspricht fast einem Drittel des täglichen Bedarfs einer Frau und ca. einem Viertel des täglichen Bedarfs eines Mannes. Ein Jogger verbrennt in einer Stunde ca. 600–700 Kalorien. Mit einer Stunde Lauftraining kompensiert man demnach ca. 100 g Schokolade.
Innerhalb von neun Monaten habe ich für mein Buch täglich ca. 9–10 Schokoladenprodukte verkostet, mit einem Durchschnitt von 100–150 g. Gleichzeitig habe ich in dieser Zeit nahezu keinerlei Sport betrieben. Meine sonstige Ernährung blieb normal, vergleichbar mit der Zeit vor der intensiven Verkostung. Nach den neun Monaten brachte ich sechs Kilogramm mehr Gewicht auf der Waage. Es ist sicher unüblich, über einen längeren Zeitraum so extrem viele Süßigkeiten zu verzehren, und ich würde auch jedem davon abraten und es selbst nicht noch einmal tun. Zumindest nicht, ohne regelmäßig Sport zu treiben.
Gibt es allergische Reaktionen auf Kakao und Schokolade?
Allergische Reaktionen auf Kakao existieren, sind aber äußerst selten. Symptome können Jucken im Mund und Rachen, Diarrhö und Bauchbeschwerden oder auch Atemnot sein. Dagegen sind allergische Reaktionen auf Schokolade wesentlich häufiger, sie hängen aber meist mit anderen Zutaten zusammen. Daher gilt für Allergiker immer der Hinweis, zunächst die Warnhinweise und Zutatenlisten zu lesen, da oft Spuren der Allergene ausreichen, Reaktionen hervorzurufen.
Fazit – ist Schokolade gesund?
Der hohe Fett- und Zuckergehalt macht Schokolade innerhalb einer üblichen Ernährungsweise nicht unbedingt zu einem rundum „gesunden“ Lebensmittel. Andererseits enthält gerade hochprozentige dunkle Schokolade eine Reihe mild förderlicher, mithin „gesunder“ Substanzen. Schokolade deshalb über die Presse immer wieder zu einer Art Wundermittel ausrufen zu lassen, wirkt aber unverhältnismäßig und wenig glaubwürdig.
Schokolade ist in erster Linie eben nicht Medikament, sondern ein Genussmittel. Verantwortungsvoll und in Maßen darf sie innerhalb einer vollwertigen und aktiven Ernährungs- und Lebensweise auch regelmäßig genossen werden.
Ein leicht ergänzter Auszug aus Georg Bernardinis 2012 erschienenem Buch „Der Schokoladentester“.